Marcel Teddy Holzen KOCHT in der »veganbar«


Spezialburger sind meine Passion.

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Marcel Teddy Holzen hat ein Studium in Lebensmitteltechnologie begonnen, dann aber doch lieber angefangen in Bremen zu kochen. Als Koch und Burgerspezialist in der »veganbar« in Findorff liebt er es, sich immer wieder neue rein pflanzliche kulinarische Kreationen auszudenken, um die Gäste zu überraschen. Gestartet 2010 mit einem Imbisswagen in der Plantage hat die »veganbar« seit einigen Jahren einen festen Standort in der Admiralstraße 97. Das kleine Bistro bietet fünf Tische im Innenbereich und im Sommer zusätzliche Sitzmöglichkeiten draußen.  Mehr Informationen unter www.veganbarbremen.de

 


Marcel, Du trinkst nicht, rauchst nicht und ernährst Dich ganz bewusst ausschließlich vegan. Diese Frage muss jetzt gestellt werden: Wodurch hast Du Spaß im Leben ? 

 

Ich habe viel Spaß daran, zu kochen und Leute mit gutem Essen glücklich zu machen. Ich liebe Musik und Live-Konzerte. Ich höre ziemlich viel – von Hardcore, über Punk bis zu Metal, aber auch Hiphop.

 

Der Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe von FINDORFF GLEICH NEBENAN beschäftigt sich mit der Hippiekultur – und was uns davon heute noch beeinflusst. Die echten Hippies lehnten »verunreinigte« Nahrung ab, hatten aber in den Sechzigerjahren zu wenig Geld, um sich biologisches Essen leisten zu können. Weltweiter Spitzenreiter der fleischlosen Ernährung ist heute Indien mit 40 Prozent Vegetariern. In den angesagten Hippie-Kolonien wie Goa sollen es bis zu 80 Prozent der BewohnerInnen sein, die sich fleischlos ernähren. Was können wir von der Lebensart alter und neuer Hippies übernehmen ? 

 

Das ist schwierig zu beantworten. Ich finde die generelle Ablehnung der Hippies von jeglicher Art von Gewalt erstrebenswert – und dass man versucht, mit allen Lebewesen gut umzugehen. Für mich heißt das auch, Tiere respektvoll zu behandeln und sie nicht zu töten, um ihr Fleisch zu essen. Einige »Hippies« von heute, die ich kenne, nehmen sehr viele Drogen. Drogen zu nehmen ist für mich ein Anzeichen für Unzufriedenheit im Leben. Drogen als Mittel gegen diese Unzufriedenheit würde ich für mich ablehnen, weil das kein Weg zu einem besseren Leben ist. Statt Drogen zu konsumieren sollte man lieber versuchen, die eigenen Lebensumstände in eine positive Richtung zu bringen.

 

Laut einer aktuellen Ernährungsstudie ist der Anteil der Veganer mit zwei Prozent und der Vegetarier mit zehn Prozent in Deutschland sehr klein. Gleichwohl liegt Deutschland mit diesem Anteil europaweit an der Spitze der fleischlosen Ernährung – und sicherlich haben die heute auch in Findorff gut verbreiteten Bio- und Freiland-Lebensmittel in den Bioläden und Reformhäusern ihre »Wurzeln« zum Teil ursprünglich in den Alternativ- und Ökobewegungen von damals. Wie sollte man einkaufen, um sich gut und günstig fleischlos zu ernähren ?

 

Es kommt darauf an, was man genau möchte. Es gibt im Umland von Bremen viele Höfe, auf denen man seine Lebensmittel direkt vom Erzeuger kaufen kann. Es gibt in Bremen natürlich auch super Läden wie die Biomärkte, Reformhäuser sowie in Findorff die »Flotte Karotte« in der Augsburger Straße und den Wochenmarkt. Was natürlich auch geht, aber dann schon ein größerer Schritt ist, ist, dass man am Marktende fragt, welche Lebensmittel weggeworfen werden. Im Restecafé »Essen im Leuchtturm« gibt es jeden Freitag veganes Essen in der »Leuchtturmfabrik« in der Münchener Straße, das überwiegend aus geretteten, verpackungsfreien, saisonalen und nicht weit angereisten Lebensmitteln zubereitet wird. Das alles sind gute Ansätze um einzukaufen, den Fleischkonsum zu reduzieren und sich bewusst zu ernähren. Auch gut für die Nachhaltigkeit: Mittlerweile gibt es nicht nur im Viertel oder in der Neustadt immer mehr »Unverpackt-Läden«, in denen man Waren lose kaufen kann, um Verpackungsmüll zu reduzieren. 

 

Worin besteht eigentlich genau der Unterschied zwischen veganer und vegetarischer Ernährung ?  

 

Im Gegensatz zu den Vegetariern, die alle Produkte meiden, die von getöteten Tieren stammen, versuchen vegan lebende Menschen außerdem auf alle Produkte tierischen Ursprungs zu verzichten. Dazu zählen dann auch Eier, Honig und Milch. Auch tierische Wolle wird weitestgehend vermieden.

 

Du kochst in der »veganbar«. Das Angebot ist komplett vegan, gut und übersichtlich zusammengestellt und äußert lecker. Kann ein Besuch in der »veganbar« helfen, Vorurteile gegen fleischlose Ernährung abzubauen ?

 

Ja, unbedingt. Aber natürlich kommt es darauf an, wie sehr Leute an ihren Vorurteilen und ihrer Ablehnung von veganer Ernährung festhalten. Wir haben sehr viele Gäste, die, wenn sie erst einmal bei uns gegessen haben, überrascht sind, wie gut veganes Essen schmeckt. In unseren Räumen war ja vor der »veganbar« ein konventioneller Imbiss mit den üblichen Fleischgerichten. Teilweise kommen KundInnen von früher und wollen weiterhin ihre Currywurst. Die bekommen sie dann bei uns auch – nur eben vegan. Manche Fleischfans kommen auf den Geschmack und probieren auch unsere Suppen und Burger.

 

Zuletzt habe ich bei Euch zu Mittag ein paniertes, veganes Schnitzel in Jägersauce gegessen. Auch die Pommes Frites waren sehr lecker. Aber was habe ich da als Schnitzel – eigentlich definiert als dünn geschnittene Fleischstücke ohne Knochen – bei Euch tatsächlich gegessen ?

 

Was Du gegessen hast war texturiertes Sojaprotein. Das klingt erst einmal etwas seltsam, aber das eigentlich geschmacksneutrale Protein ist ein Fleischersatz, der gut als Geschmacksträger geeignet ist und sich hervorragend weiterverarbeiten lässt.

 

Welches Gericht aus Eurem Angebot würdest Du als Einstieg in neue, fleischlose Geschmackswelten besonders empfehlen ?

 

Ich liebe ja unsere Burger. Spezialburger sind meine Passion. Sie werden von unseren Gästen am meisten nachgefragt. Der »Burger des Monats« hat immer ein ganz bestimmtes Thema – wie »Urlaub in der Karibik«. Das Brötchen überrascht dann mit Inhalten wie Kokosnuss, gerösteter Ananas und karamellisierten Rumzwiebeln. Wir kreieren Burger in Zusammenstellungen, wie man sie woanders nicht bekommt – und die sind dann geschmacklich noch überraschender als unser veganer Döner.

 


Ich bin glücklich in Findorff.

Das Reportagemagazin »GEO« schreibt: Würden sich alle Menschen vegan und vegetarisch ernähren, gäbe es bis 2050 weltweit gut sieben Millionen weniger Tote jährlich, weil man mit mehr Obst und Gemüse seltener übergewichtig und herzkrank wird. Die Tierhaltung insgesamt stößt mehr Treibhausgase aus als alle Flugzeuge, Züge und Autos zusammen. Das Gas Methan, das vor allem Rinder bei der Verdauung produzieren, ist fünfundzwanzigmal so klimaschädlich wie CO2 und dadurch einer der größten »Klimakiller.« Das ist alles erforscht und bekannt. Aber dennoch ziehen wir keine Konsequenzen: Über die Hälfte der Erwachsenen gibt an, dass sie fast täglich Fleisch isst. Was sagst Du jemandem, der auf ein gutes Steak absolut nicht verzichten möchte ?

 

Fakt ist, dass ja viele Menschen tatsächlich ständig Fleisch essen. Der Tag beginnt morgens mit der Wurst auf dem Frühstücksbrötchen, geht weiter mit einem Fleischgericht in der Mensa und endet abends vielleicht mit einem fleischlichen Fast-Food-to-go. Es ist schwierig, einem überzeugten Fleischfan das Steak auszureden. Es wäre aber schon gut, den Verzehr von Fleisch einzuschränken – und wenn man unbedingt Fleisch essen möchte, dafür gute, regionale Bezugsquellen zu finden. Man sollte angesichts der Folgen unserer Massentierproduktion im Hinterkopf haben, wie man seinen Kindern die Welt hinterlassen möchte – denn das, was man heute auf dem Teller hat, beeinflusst auch die Zukunft nachfolgender Generationen.

 

Was würdest Du Dir als Veganer für Findorff wünschen ?

 

Ich bin total glücklich in Findorff. Wir haben in der »veganbar« die besten KundInnen der Welt. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn die vegane Ernährungsweise sich weiter verbreiten würde – und es zum Beispiel auf dem Findorffmarkt noch mehr Menschen gäbe, die auch vegane Gerichte anbieten.

 

Interview: Mathias Rätsch, Foto: Kerstin RolfesInterview erschienen in Ausgabe Nr. 9, 2019

 

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© Kerstin Rolfes